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:: Berthas Vauderville ::
Videoinstallation von Helmut & Johanna Kandl

Ein künstlerischer Beitrag zu einem Leben :: auf der Rasierklinge ::

Premiere: 27.04.2014

Im Rahmen JUBEL & ELEND.
Leben mit dem Großen Krieg 1914-1918
im Renaissanceschloss Schallaburg
29.03. - 09.11.2014

http://www.schallaburg.at




Die Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner trat früh als Warnerin vor dem Militarismus auf, der in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg in breiten Teilen der Gesellschaft zu finden war. Immer wieder schilderte sie, wie schon Kleinkinder mittels Zinnsoldaten, Schwertern oder Matrosenanzügen auf ihren künftigen Beruf als Soldaten "zugerichtet" wurden. Als junge Frau schrieb Bertha von Suttner das kleine Theaterstück "L’Education der Rosette" - sie nannte es ein "Vaudeville" -, von dem bis dato nur ein Manuskript existierte. Es steht im Zentrum einer künstlerischen Arbeit, die in die Ausstellung "Jubel & Elend" eingebettet ist.

1876 reiste das jungverheiratete Ehepaar Bertha und Arthur von Suttner zu Ekaterina Dadiani in den Westen Georgiens, nach Mingrelien. Die weltläufige und polyglotte Dadiani-Dynastie, die teilweise in Paris lebte, hatte drei Jahrhunderte lang über die Kaukasus-Provinz geherrscht. Kennengelernt hatte die spätere Nobelpreisträgerin die Fürstin Dadiani in Bad Homburg, wohin Bertha ihre spielsüchtige Mutter begleitet hatte. Dort sollte sie auch auf die weltberühmte Operndiva Adelina Patti treffen, nach deren Vorbild das junge Mädchen eine Karriere als Sängerin anstrebte.

"Wir holen uns das Goldene Vlies"
Im August 1876, kurz nach der überstürzten Flucht des jungen Ehepaares vor den Eltern Arthurs, schrieb Bertha für den erlesenen fürstlich-mingrelischen Kreis den Einakter "L’Education de Rosette"; er wurde im Sommerschloss Ekaterina Dadianis aufgeführt, das hoch und schwer zugänglich im Kaukasusgebirge lag; heute sind davon noch Ruinenreste vorhanden. Die absurd-dekadente Posse sollte dem Amusement der höfischen Gesellschaft dienen, die sich im heißen Sommer 1876 im kühlen und sicheren Gordi in ihren eigenen Kreis zurückgezogen hatte - wenig achtend auf das, was um sie herum vorging.
Der Gegensatz zwischen dem höfischen Leben der Oberschicht, das diese globalisierte "Gated Community" mit ihren Kleidern und dem Parfum aus Paris abgehoben in der unzugänglichen Festung zelebrierte, und jenem der übrigen Bevölkerung, die archaisch, arm und primitiv in einer völlig anderen Realität lebte, steht exemplarisch für die Gegensätze, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zwischen den Gesellschaftsschichten herrschten. Diese Gegensätze, die uns sehr aktuell erscheinen, sollten in der Folge, wie bekannt, zu großen gesellschaftlichen Veränderungen führen.
Für den Ausstellungsbeitrag "Berthas Vaudeville" wurde dieser amüsante Text verfilmt. "L’Education de Rosette" spielt in Paris und erzählt die Geschichte der armen Landpomeranze Rosette, die plötzlich reich wird und sich nun Eintritt in die "gute Gesellschaft" verschaffen will. Die Rolle der Rosette übernahm, sozusagen in Umkehrung ihrer eigenen Lebensgeschichte, Bertha von Suttner. Dem Prinzen von Mingrelien oblag die Hauptrolle - jene eines Schauspielers, der in verschiedenen Rollen auftritt. Den Hausdiener gab der reiche Industrielle Duc de Rosmorduc, der in Zugdidi eine Seidenfabrik hatte. Die Kulissen hatte Arthur von Suttner gemalt, er begleitete auch am Klavier ... Dieses Salonstück wird von einer Ballade in georgischer Sprache mit deutschen Untertiteln konterkariert, die das gesellschaftliche Umfeld in den kaukasischen Bergen im Sommer 1876 und die Position der um das Schloss lebenden Bauern thematisiert.

Leben an der Bruchlinie
Der Aufenthalt in Mingrelien, der mehr als acht Jahre dauern sollte, hatte großen Einfluss auf das Ehepaar Suttner. Durch die Notwendigkeit, Geld zu verdienen, wurden Bertha und Arthur gesellschaftliche Spannungen bewusst, die sie für Zeitungen beschrieben und kommentierten. Ihr Leben fand sozusagen an der Bruchlinie zwischen dem russischen Reich und der Hohen Pforte, dem türkischen Reich, statt, Erzählungen über Entführungen machten die Runde.
Im April 1877 begann mit Kampfhandlungen im Südkaukasus der Russisch-Osmanische Krieg. Russische Truppen überschritten bei Alexandropol/Gjumri, das kaum 200 Kilometer von Gordi entfernt liegt, die Grenze zum Osmanischen Reich. Arthur von Suttner verfasste Kriegsberichte, aber auch den Roman "Schamyl", der den Konflikt zwischen einem islamischen Rebellen und dem Russischen Reich thematisiert. Die Schauplätze: Grosny, Dagestan, Tschetschenien ... 1889 erschien Berthas erfolgreicher Antikriegsroman "Die Waffen nieder", 1905 erhielt sie den Friedensnobelpreis. Am 21. Juni 1914 starb Bertha von Suttner - eine Woche vor dem Attentat von Sarajewo, mit dem der Große Krieg seinen Ausgang nahm.
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