Die menschlichen Tragödien, die sich an Europas Außengrenzen abspielen, sind Ausgangspunkt einer theatralen Recherche.
Seit 2009, mit den ersten dramatischen Todesfällen auf den Flüchtlingsbooten vor Malta und Lampedusa;
ist die Problematik europäischer Flüchtlings- und Sicherheitspolitik ins Zentrum der medialen Wahrnehmung gerückt.
Und damit auch die Frage: Was haben wir Bewohner Europäischer Kernländer wie Österreich damit zu tun? Was wissen wir
über die Hintergründe dieser wechselnden Migrationsströme? Wovor haben wir Angst? Was können wir tun? Tausende und
Abertausende drängen nach Europa. Wir können sie nicht aufhalten. Sie ändern einfach ihre Routen.
Vier Schauspieler und die Regisseurin Christine Eder haben sich durch das Material von Schengen-Politik, Fluchtursachen
und Schicksalsberichten gearbeitet. Der Abend Boat People zeigt diese doppelte Reise: zwischen Recherche und Realität,
Wissen und Wut, Empörung und tiefer Betroffenheit.
:: Pressestimmen ::
Der Boden, ein Meer aus Leichensäcken. Vier Menschen hocken im Kreis, summen, stechen später auf einem Plastikreifenboot in See.
Einer ist Moslem, einer Wirtschaftsflüchtling, eine schwanger und einer Schlepper - ihr Ziel: die EU, genauer gesagt die italienische
Insel Lampedusa. Ein Eiland, das Hauptdarsteller realer Flüchtlingsdramen, grenzpolizeilicher Urteile und humaner Ohnmächtigkeit ist.
:: Boat People :: hebt dieses schwierige Thema in einem internationalen Theaterprojekt auf die Bühne. [...] Die Schauspieler Marion Reiser,
Bernhard Dechant, Franz Solar und Jan Thümer reisten mit Regisseurin Christine Eder einige Tage nach Lampedusa, sahen nachts 800 Menschen in
einem Boot stranden, begleiteten Kinder und Helfer - und drehten Videos, die nach einer berührenden Vorleserunde auch zu sehen sind.
Die realen Bilder sind die innigsten Momente des Abends. [...] Viel Beifall.
(Julia Schafferhofer, Kleine Zeitung, 23. Mai 2011)
Im Rahmen des Theaterprojekts :: Emergency Entrance ::, das im Jänner 2012 in Graz in einem Festival mit sechs internationalen Theatern kulminiert,
ist auch die Produktion :: Boat People :: entstanden. Der Grazer Beitrag setzt sich mit den Flüchtlingsdramen im Mittelmeer auseinander. [...]
Die italienische Insel Lampesdusa steht als Synonym für Flüchtlingslager. Hier gehen die afrikanischen Migranten von Bord - so sie es überhaput
auf ihren gerade noch fahrtüchtigen Booten bis dorthin schaffen. Das Team des Grazer Schauspielhaus hat sich drei Tage lang auf Recherche vor
Ort begeben und hat seine Erfahrungen zu einem dreiteiligen Abend zusammengefügt. [...] Mit politisch so gar nicht korrekten Bildner, die den
Afrikaner als Wilden zeigen oder die afrikanische Frau als Gebärmaschine, werden einem hierzulande durchaus gängige Klischees um die Ohren
gepfeffert. Manches daran ist schrecklich, manches traurig, manches komisch. Das Lachen freilich bleibt einem schnell im Hals stecken. [...]
Im letzten Akt wird [...] ein in Lampedusa gedrehter Film (von Thomas Butteweg und Andrea Zulini) vorgeführt, der die Ankunft eines
Flüchtlingsbootes, Gespräche mit den Neuankömmlingen wie auch die freundliche Aufnahme durch Bewohner der Insel, die Kleidung und Spielzeug
für die Kinder bringen, zeigt. [...] Ein [...] Abend, den nicht nur das persönliche Engagement aller Beteiligten sympathisch macht.
Ein Pflichttermin!
(Michaela Reichart, Kronenzeitung, Steirerkrone, 23. Mai 2011)
Die Gestrandeten und die Mächtigkeit der Bilder
Um zu den Sitzplätzen zu gelangen, muss das Publikum sich Wege durch Leichensäcke bahnen: Drastische Einstimmung in das Thema Flüchtlingstragödien
an den Außengrenzen von Europa. [...] Das reale Drama dient als Stoff für ein Theaterstück: [...] ein Themen- und Infoabend mit theatralen,
aber auch revueartigen und dokumentarischen Elementen. Für das mit EU-Geld finanzierte internationale Theaterprojekt :: Emergency Entrance ::
reisten Regisseurin Christine Eder und die Schauspieler Bernhard Dechant, Marion Reiser, Franz Solar und Jan Thümer nach Lampedusa.
Aus ihren Recherchen und Eindrücken entstand ein Abend, der [...] mit einem Videovortrag der aus ihren Rollen geschlüpften Akteure endet.
Menschen berichten über Menschen. [...] Der intensivste Eindruck? Die Videobilder von den in Lampedusa an den Strand gespülten Schuhen von
Flüchtlingen. Da versagen die Worte.
(Martin Behr, Salzburger Nachrichten, 23. Mai 2011)
Zu Beginn werden gleich einmal alle möglichen Klischees und Gegenklischees offensiv angegangen. [...] Am Ende wird schlicht dokumentiert.
Die Videokamera hat auf einer Recherchereise alles festgehalten, von der Ankunft der Flüchtlinge über die hilfsbereite Aufnahme durch die
Menschen auf Lampedusa bis zur Weiterfahrt ins Unbekannte.
(www.europeonline-magazine.eu / DPA, 22. Mai 2011)
Die traditionellen Gesetzmäßigkeiten des Theaters, die den Darsteller zum Sprachrohr fremder Gedanken machen, haben sich hier verkehrt,
bei „Boat People“ wurden vier engagierte Menschen zu Akteuren des eigenen Protests. Und das ist gut so.
(Hermann Götz, Falter, 25. Mai 2011)