:: Gewinner des Monospektakels ::
REUTLINGER GENERAL ANZEIGER
Mit "Covergirl" ging gestern das Monolog-Festival "Monospektakel" am Reutlinger Theater Die Tonne zu Ende.
Im Anschluss daran gab sich die sechsköpfige Jury in intensiven Diskussionen der Qual der Wahl hin, den besten der
sechs gesehenen Monologe zu prämieren. Bald kristallisierten sich drei Favoriten heraus: Auf den dritten Platz wurde
dabei "Covergirl" mit Maria Fliri gewählt.
Ausschlaggebend für den dritten Platz war, dass das Stück ein zu sehr aufwühlendes, politisches Thema aufgriff, mit
dem man sich schon über die Nachrichten auseinandergesetzt habe. Gleichzeitig sei es aber hervorragend gespielt gewesen
und die Psychologie der Figur gut herausgearbeitet, so dass man trotz ihrer schlimmen Taten zum Teil sogar auch mit ihr
hätte sympathisieren können. Auf den zweiten Platz wurde mit sehr knappem Abstand zum Favoriten "Der Umwegmacher" gesetzt.
Thomas Klees verstand es, mit wenigen und zurückgenommenen Mitteln auf subtile Art das Publikum in seinen Bann zu ziehen
und noch lange zum Nachdenken anzuregen.
:: Stolzes Herz muss kämpfen ::
Südwest Presse Reutlingen, 31.01.2013, KATHRIN KIPP
So lustig war eine Schlacht noch selten: Bernhard Dechant erzählt als Kinovorführer und Filmnerd den Heldenmonumentalblockbuster
"Braveheart" beim Festival Monospektakel - ganz neu und ganz subversiv.
Filmkritik mal anders: als Theaterstück! Empfangen wird das Publikum von dem berauschenden "Braveheart"-Soundtrack und einem
zerknitterten, verhuschten Filmvorführer (Bernhard Dechant) in einem liebevoll selbst gebastelteten Kino (Bühne: Josefine Jochum,
Regie: Alice Buddeberg), angetan mit Samtvorhang, Dudelsack und Schwert. Es ist das "Highland-Cinema" aus Wien, was sich bei
Dechant anhört wie "Heiland-Cinema". Das gibt es jetzt leider nur noch "on the road". Denn er und sein Ex-Kompagnon Rudi
haben sich zerstritten, erzählt der schüchterne Filmvorführer stotternd.
3000. Jubiläumsvorstellung. Weil er hält den "Braveheart"-Film für so wichtig, dass er ihn seit zehn Jahren zeigt, ob das
Publikum will oder nicht. Es ist seine Art des Widerstands. Und er hat sich mit dem Braveheart schon so weit identifiziert,
dass er selbst der Film ist. Als der Projektor streikt, spielt er ihn eben unplugged vor. Verkauft schottischen Whiskey,
der Reinerlös geht an hungernde Kinder: "Echte Schotten saufen für Afrika." Den Ein-Mann-Braveheart gibts in seiner vollen
Breite und Länge. Und so gut hat noch niemand einen Film erzählt: Bernhard Dechant zeigt nicht nur (pantomimisch) die
Landschaft, die friedliche Stimmung mit Schaf ("Mähähäh"), die Handlung, den Konflikt, fast alle Figuren und die ganz ganz
großen Emotionen, sondern liefert in seinem goldigen Wiener Dialekt auch noch die ein oder andere tiefschürfende,
freudianische Interpretation mit (er hat ein fast abgeschlossenes Psychologiestudium hinter sich).
Und so ganz nebenbei deutet er die Botschaft des Films um in eigener Sache: Was William Wallace (Mel Gibson) an Freiheitskampf
gegen die Engländer veranstaltet, ist natürlich nur eine riesenschön bebilderte Metapher für den Heiligen Krieg gegen den
Kapitalismus. Und für die Freiheit und die Liebe. Bernhard Dechants leicht cholerischer Filmvorführer gibt in seinem eigenen
Freiheitskampf alles. Wie auch William alles gibt. Er hantiert mit dem Schwert und kämpft mit dem "pakistanischen
Deko-Dudelsack". Ist aber auch ganz gerührt, wenn der kleine Willi Wallace auftaucht, der mit ansehen muss, wie die stolzen,
"muskulösen" Schotten von den Engländern gedemütigt und gehängt werden: "Im Film ein ganz starker Moment", raunt Dechant.
Das sei der erste Schritt "auf dem Weg zum Freiheitskämpfer", erklärt Braveheart mit österreichischem Tiefgang. Da ist
nicht nur Ironie und Parodie, da ist auch echte Bewunderung für so viel Leidenschaft im Kampf gegen egal was. Als Williams
Vater dem englischen König "mal so richtig auf die Goschn" hauen will, kommts zum "ersten prägenden Satz": "Wir müssen sie
nicht besiegen, wir müssen sie nur bekämpfen."
Dechant spielt den kleinen Willi renitent und hysterisch. Als Papa Wallace getötet wird, lastet jedenfalls ein "enormer
psychischer Druck" auf dem kleinen Willi, er träumt heftigst - "Freud, eh klar"-, bis es zu einem weiteren "Psychowoscher"
kommt: "Dein Herz ist frei, habe den Mut, ihm zu folgen." Dechant lässt seine betonschweren Botschaften vom Publikum
wiederholen. Und wirft sich von Emotion zu Emotion, kämpft persönlich gegen das Böse, bis er durch die Leinwand kracht.
Auf der anderen Seite hat er seine romantischen Momente, als er "Myrren" trifft, seine große, echte, wahre Liebe.
Und so bringt Dechant nicht nur das gesamte fette Monumental-Pathos rüber, sondern auch die künstlerischen (Dudelsack-)Momente,
das Metaphorische, das Emotionale, das Trashige. Er erzählt dabei seine eigene Geschichte, die er dem Film einfach angepasst
hat: Er sieht sich mit seinem Wanderkino als letzte Bastion gegen den ganzen Kommerzkäse. Er tut es für sein Land. Am Ende
kommts zur finalen Schlacht: Er schmiert sich blaue Farbe ins Gesicht, zeigt den Engländern sein nacktes Hinterteil, und das
Publikum muss im Nebel mitkämpfen. Ganz großes Kino. Bis ihn seine echte Frau in die Wirklichkeit zurückholt. Aber was ist
schon die Wirklichkeit? Der Kampf geht weiter! Tobender Applaus.
:: Freiheit für Schottland ::
Reutlinger General Aneiger, 31.01.2013, CAN
»Steht 's auf für eure Freiheit, Reutlingen!« So brüllt mit seinem Austria-Akzent der schottische Held William Wallace alias
Braveheart ins Publikum. Tatsächlich stehen viele auf, machen das Spiel mit, in das sich der Filmvorführer mit abgebrochenem
Psychologie-Studium vom Wiener »Highland Cinema« hineinfantasiert hat. Weil der Projektor kaputt ist, spielt er den Besuchern
den Filminhalt vor, wobei seine Begeisterung für den Freiheitskampf der mittelalterlichen Recken im schottischen Regen immer
wieder mit ihm durchgeht, was ganz schön komisch ist.
Bernhard Dechant, der mit seinem Ein-Mann-Stück »Braveheart« im Rahmen des Tonne-Festivals »Monospektakel« in der Planie 22
auftrat, hat mit dem Hollywoodstar Mel Gibson aus dem Kinofilm überhaupt keine Ähnlichkeit. Er ist ein zierlicher Kerl in
zerknittertem Sakko, der mit linkischer Höflichkeit Whisky anbietet, aber auch zu cholerischen Ausbrüchen neigt und im Eifer
des Gefechts zugibt: »I schwitz wia a Sau«.
»Nur bekämpfen«
Und so erlebt man ihn zwischen Mitleid angesichts von Williams ermordetem »Baba« oder zärtlichen Worten zu der aus Papier
geformten Braut Murron und dampfender Wut über die blutrünstigen Engländer: »Einfach alle totschlagen«, trompetet er.
Einzelne Zuschauer lässt er wie ein Schulmeister die prägenden Sätze des Films wiederholen, wie den zu den übermächtigen
Feinden: »Wir müssen sie nicht besiegen, nur bekämpfen.«
Die Fallhöhe vom Pathos des Freiheitskampfes zum Stegreif-Nachspielen ist groß und damit voller Witz. Alice Buddebergs Inszenierung,
der ein bisschen Straffung gut getan hätte, endet mit einem imponierenden Kampfgetöse im Theaterqualm - und mit der Filmvorführerfrau,
die ihrem Mann ein belegtes Brötchen bringt. Bernhard Dechant wurde vom Publikum danach ausgiebig gefeiert. Fabelhaft, was er alles
in diesen zutiefst sentimentalen Braveheart-Fan gesteckt hat!
:: One-Man-Show in Cinemascope ::
Thüringische Landeszeitung, 12.01.2006, Wolfgang Hirsch
"Und jetzt: Der Film!" Ein weißes Viereck flackert kurz auf der Leinwand, dann geht
der Projektor in die Knie. Finstere Stille. "Ha-allo!?" Saallicht an. "Herzlich
willkommen und Grüß Gott!" stammelt der Vorführer hilflos, als wäre eine Ansprache vorgesehen.
Zehn Jahre "Braveheart" im selben Provinzkino. Nonstop, siebenmal die Woche. Heute ist
die 3512. Vorstellung, aber alles anders als üblich. Beharrlich streikt der Projektor. Aus dem
Stegreif stottert der Vorführer schließlich: "So ich fang jetzt an. Und der Film kommt dazu,
wenn er kommt." - Der tapfere Mann mutiert zum Kinoerzähler, berichtet, spielt nach und
kommentiert, was zu sehen gewesen wäre.
"Braveheart", der schottische Hochlandklassiker mit Muskelmann Mel Gibson in der Titelrolle,
Oscar-gekrönt und als mittelalterliches Massengemetzel voll Vaterlandspathos und großem Gefühlskitsch
im kollektiven Filmgedächtnis verankert, passt so wunderbar zum Spielzeitmotto "Ich kämpfe"
am Theaterhaus Jena, dass Schauspieler Bernhard Dechant, Regisseurin Alice Buddeberg und Dramaturg
Marcel Klett per Improvisation ein Stück daraus entwickelt haben. Dechant ist Braveheart, der
verhinderte Heros, und zappelt durch seine One-Man-Show im Cinemascope-Format, eingekeilt zwischen
Befangenheit vor der Situation und Begeisterung für das Leinwandepos.
Für nichts ist er sich zu schade, er malt pantomimisch die Highlands nach, mimt eine Schafherde,
müht sich mit einem Dudelsack ab. Und entwächst vor 36 Zuschauern im ausverkauften Jenaer Malsaal
seinem bedrückenden Alltag - zum imaginären Helden mit Kilt, Kriegsbemalung und kolossalem Bihänder.
Die Rolle ist Dechant auf den Leib geschrieben. Wahrlich kein Großschauspieler, bemüht er sich
redlich, das einsame Männlein in seiner grotesken, alles Heroische konterkarierenden Rolle seines
Lebens zu geben. Er spielt den Dilettanten, Chapeau!, ist aber keiner. Er hat große Momente, wenn´s
um die Liebe geht und er die eigenen kleinen Niederlagen in der Wirklichkeit eingesteht.
Und kleine, wenn, was komisch gedacht war, nur peinlich wirkt - wie der dramaturgisch angeklebte
Schluss, als der Braveheart-Hänfling von seiner pragmatischen, nörgeligen Ehefrau aus seiner
großartigen Traumwelt zurück in die miese Realität gerissen wird.
Das Jenaer Stückwerk stören einige Defizite; besonders die Lebenssituation des Solo-Helden -
abgebrochener Psychologiestudent, kleiner Provinzkinobetreiber - erhält viel zu pauschalen Charakter.
Bernhard Dechant jedoch schlägt sich überaus wacker, entfaltet Dynamik und Originalität, ist
über 90 Minuten voll Seelenglut bei der Sache. Man muss, um das Stück zu verstehen, den
Film nicht vorher gesehen haben. Und nachher möchte man auch nicht mehr.
:: Braveheart schlägt in Jena ::
Ostthüringer Zeitung, 12.1.2006, Ulrike Merkel
Premiere für "Braveheart" am Theaterhaus Jena
Erst Werbung, dann "Braveheart", so verliefen die letzten zehn Jahre des Filmvorführers.
Doch Dienstagabend versagt plötzlich der Vorführapparat. Der introvertierte Mann versucht noch das
Gerät zu reparieren. Aber nach allerlei Geklapper, Flüchen und Entschuldigungen gibt er auf.
Nun beginnt die Ein-Mann-Show von Schauspieler Bernhard Dechant, der diesen Filmvorführer im
Malsaal des Theaterhauses Jena darstellt.
Der Vorführer entschließt sich, das Heldenepos fürs Publikum nachzuerzählen - aus seiner
Perspektive als gescheiterter Psychologiestudent, Liebestrottel und großer Pathosfan.
Er schlüpft dabei in die Rolle des jungen William Wallaces, der mit seinem Vater in den
Freiheitskampf für Schottland ziehen will und einen quäkenden Wutausbruch bekommt, als
ihm dies verboten wird. Er spielt den antiautoritären Onkel, der sich nach dem Tode des
Vaters des jähzornigen Buben annimmt. Er verkörpert ebenso den englischen Widersacher,
König Edward I., einen an Keuchhusten leidenden Giftzwerg. Jedem Charakter schenkt Bernhard
Dechant eine komisch-verschrobene Attitüde, so dass die Inszenierung von Alice Buddeberg
zum grotesken Amüsement gerät. Dass die Premiere nicht durchgängig das hohe Niveau der
Unterhaltung hält, liegt an den überflüssigen Ausflügen ins Leben des Vorführers und der
am Ende schwer darzustellenden Schlachtszene. Dechant kann alle Figuren bravourös spielen,
nur eben keine Massen.
:: Braveheart schlägt in Jena ::
Thüringer Allgemeine, 12.01.06, Bodo Baake
Es schlägt das kleine Herz des Filmvorführers für das Epos "Braveheart", dem er
sein Kino und Leben geweiht hat. Und ausgerechnet in der Jubiläumsaufführung streikt der Projektor.
Das Jenaer Theaterhaus machte aus diesem Malheur eine kleine Produktion für seinen
Vorstadtkino-Malsaa: in der Regie von Alice Buddenberg ein gutgelauntes Solo für Bernhard Dechant.
Der Projektor ist im Eimer, Mann ist fertig. Er stammelt, rennt, ruft und beginnt in komischer
Verzweiflung und heiligem Eifer den Film zu erzählen, seinem Publikum, nun ja, ans Herz zu legen.
Er spielt Landschaft, Hügel, Regen, Blitz und Schaf, ist Onkel, König und Highlander.
In dem abgebrochenen Studenten wächst ein schottischer Freiheitsheld und greift zum Schwert.
Das hat den Charme der Unbeholfenheit, der wunderlich heldisches Pathos in Wiener Dialekt ertränkt.
Und es hat schauspielerisch zwei, drei Leerstellen. Schöne Schlussironie:
Es tritt auf die Freundin (Josefine Jochum) und holt den Helden heim ins Leben.
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